Wer qualifiziert hier?

Im Gespräch mit Jens Klocke

Sw-Portrait des Dozenten Jens Klocke, der in einem Café an einem Tisch sitzt in Lederjacke und Kapuzenpulli
Jens Klocke. Foto: Privat

Jens Klocke lebt in Düsseldorf und ist freiberuflicher Autor für unterschiedliche Fernsehformate und Systemischer Coach. Für die Grimme-Akademie gibt er in dem Seminar „Selber texten fürs TV“ sein Wissen weiter.

1.    Jens, Du bist seit vielen Jahren in der TV-Branche unterwegs. Was war der Reiz auch als Dozent zu arbeiten?

Ich schreibe seit über 30 Jahren Quizfragen, Moderationen und Off-Texte, mag Wissenstransfer und Menschen. Da liegt es nahe, als Dozent zu arbeiten. Für die Grimme-Akademie seit mehr als 13 Jahren – und das immer noch sehr gerne, das liegt sicher an den interessierten Teilnehmer*innen und – natürlich auch an den netten Kolleginnen und Kollegen. 

2.    Schöpfst du als Dozent aus deinen Erfahrungen aus der Praxis oder hast du dich auch selbst fortgebildet?  

Lernen ist für mich sehr wichtig. Mit jedem Format muss und darf ich dazu lernen, denn jede Produktion hat ihre eigenen Bedürfnisse. Zudem habe ich eine Ausbildung zum zertifizierten Systemischen Coach & Change Manager und zum Mediator am INeKO Institut an der Universität zu Köln gemacht, sowie drei weitere Trainerlizenzen erworben. Meine Erkenntnis: Das ständige Lernen macht souverän und demütig zugleich. 

3.    Wenn wir über das Texten für non-fiktionale Formate sprechen, hat sich da deiner Meinung nach etwas in den letzten Jahren verändert?

Die Schnelligkeit. So wurde ich beispielsweise abends spät angerufen, um über Nacht einen Offtext für ein 45-Minuten Format zu texten, weil der Sprecher schon für den nächsten Morgen gebucht wurde. 

4.    Gibt es einen besonderen Tipp für junge Texter*innen, den Du gerne „in Stein meißeln“ würdest?

Zuerst „Auftragsklärung“ betreiben, die Redaktion explizit fragen, was sie eigentlich genau wollen. Und dann auch ganz wichtig, dem Zuschauer und dem Format mit den Texten dienen – und nicht sich selbst. 

5.    Über Nachwuchskräfte wird oft gesagt, dass grundlegende Fähigkeiten fehlen. Texten die Teilnehmenden heute schlechter als früher? 

Ich nehme wahr, dass einige angehende Autor*innen weniger lesen und schauen, weniger Fragen stellen. Dafür muss man sich selbst die Zeit schenken. Aber auch: In den Redaktionen nehmen sich nicht viele Kolleg*innen die Zeit, den Nachwuchs angemessen zu fördern. Zum Glück gibt es ja die Grimme-Akademie…

6.    Du hast vor einem Vierteljahrhundert ein Buch geschrieben „101 Gründe kein Fernsehen zu gucken“. Immer weniger junge Menschen schauen noch klassisches Fernsehen. Kannst du uns einen guten Grund nennen heute Fernsehen zu gucken? 

Ich bin geprägt von meinen Opa, den durfte ich nie zwischen 20:00 und 20:15 anrufen, denn da lief die Tagesschau. Zitat Opa: „Ich muss doch wissen, was in der Welt los ist.“ Und wenn Korrespondent*innen berichten, wie beim Weltspiegel, da geht bei mir persönlich das Herz auf. Letztens habe ich noch Favela Inside – Tür an Tür mit dem Gangster gesehen, Gänsehaut pur. Oder auch: fern sehen, im besten Sinne. 

7.    Welches Seminar unserer Reihe „Qualifizierung kompakt“ würdest du selbst gerne einmal besuchen? 

Gut, dass Ihr fragt. Eigentlich jedes, zumindest jeweils einen Tag bei all unseren Seminaren und Dozent*innen reinschnuppern - und dazulernen. Denn siehe oben, Stichwort positive Redundanz, „Ich mag Wissenstransfer und Menschen“. 

Das Interview ist erstmalig erschienen im grimme-Jubiläumsheft zum 50. Geburtstag des Grimme-Instituts im September 2023.