Podiumsdiskussion

Ausgrenzung und Hass im Internet

Die Ausgrenzung und Abwertung von Menschen auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe finden im Alltag – offline wie online - häufig sehr subtil statt. Vielfach sind sich Personen, die sich beispielsweise rassistisch im Alltag äußern, dessen gar nicht bewusst. Daneben gibt es eine scheinbar größer werdende Anzahl von Menschen, die Ausgrenzung und Abwertung von Menschen auf ihre politische Agenda setzen und öffentlich(keitswirksam) verbreiten. So werden rassistische, sexistische, homophobe und andere abwertende Äußerungen besonders in den sozialen Medien normalisiert und ungehemmt in den Bereich des Sagbaren gerückt.

Vor diesem Hintergrund soll in dieser Podiumsdiskussion der Frage nachgegangen werden, wie Ausgrenzung – insbesondere im digitalen Kontext - funktioniert und was möglicherweise Strategien oder Ansätze für Bemühen zur Eindämmung sein könnten. Es diskutieren:

  • Sheila Mysorekar, Journalistin, Vorstand der „Neuen deutsche Medienmacher*innen“.
  • Professor Dr. Karl-Nikolaus Peifer, Jurist und Direktor des Instituts für Medienrecht und Kommunikationsrecht der Universität zu Köln, im Nebenamt Richter am Oberlandesgericht Köln.
  • Jürgen Rausch, Diplom-Pädagoge, Projektleiter beim Lesben- und Schwulenverband Deutschland: Kompetenznetzwerk „Selbstverständlich Vielfalt“ zum Abbau von Homosexuellen-, Inter- und Trans*feindlichkeit.     
  • Aycha Riffi, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaftlerin, Leiterin der Grimme-Akademie. U. a. Projektleiterin des EU-Projekts BRICkS (Building Respect on the Internet by Combating Hate Speech).

Die Moderation übernimmt Dr. Michael Köhler.

Pandemiebedingt werden für diese Veranstaltung noch keine Zuschauer*innen zugelassen sein, für die breite Öffentlichkeit wird sie aber durch die Ausstrahlung auf WDR 3 im Radio zugänglich gemacht. Sie ist am kommenden Sonntag, den 11. Juli, im Rahmen der Sendung WDR 3 Forum um 18.04 - 19.00 Uhr zu hören und auch im Nachgang als Podcast verfügbar.

Statements

Professor Dr. Karl-Nikolaus Peifer, Jurist und Direktor des Instituts für Medienrecht und Kommunikationsrecht der Universität zu Köln, im Nebenamt Richter am Oberlandesgericht Köln:

Das Recht reagiert auf Hass und Ausgrenzung mit strafrechtlichen Verboten und zivilrechtlichen Unterlassungs-, Beseitigungs- sowie Schadensersatzansprüchen. Die zivilrechtlichen Konzepte zielen  
hauptsächlich auf den Schutz des Individuums, nicht aber auf den Schutz von Gruppen. Das Strafrecht geht etwas weiter, verlangt aber vielfach, dass konkrete Gefahren für Leib, Leben oder Sicherheit drohen. Abstrakte Risiken der Ausgrenzung von Menschengruppen, darunter oft Minderheiten, genügen regelmäßig nicht, wenn nicht auch zu konkreter Gewalt aufgefordert wird. Gruppenbezogene Diskriminierung und Herabsetzung ist daher oft nur nach den Hausregeln der Provider zu bekämpfen. Ob und wie diese Hausregeln durchgesetzt werden, ist oftmals der freien Entscheidung der Provider überlassen. Das sog.  
Netzwerkdurchsetzungsgesetz hat diesen Zustand nur partiell verbessert. Wichtig für die juristische Diskussion ist daher die genaue Kenntnis von Sachverhalten, die eine schnelle Löschung rechtfertigen, ohne Äußerungsfreiheiten zu gefährden und ohne die Entscheidung über die richtige Balance zwischen Löschung und Freiheit allein der Einschätzung kommerziell denkender Betreiber auszusetzen. Um diese Sachverhalte zuverlässig beurteilen und definieren zu können, ist der Dialog mit Beteiligten aus mehreren Disziplinen unerlässlich.

Jürgen Rausch, Diplom-Pädagoge, Projektleiter beim Lesben- und Schwulenverband Deutschland:

Zur gesellschaftlichen Vielfalt gehören Respekt und Akzeptanz für vielfältige Lebensentwürfe und Identitäten. Dazu zählt auch die freie Entfaltung der sexuellen Orientierung und eine selbstbestimmte geschlechtliche Identität. Dafür ist es notwendig, dass die Auseinandersetzung über gleiche Rechte für alle Menschen überall dort geführt wird, wo Menschen sich auf die gemeinsamen Werte des Zusammenlebens verständigen – eben auch im Netz. Dazu brauchen wir Vorbilder, die der Hassrede widersprechen.
Nach wie vor sind auch Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*, intergeschlechtliche und queere Menschen (LSBTIQ*) als Gruppe von Ausgrenzung und Hass im Internet betroffen. LSBTIQ* erleben Mobbing und Diskriminierung in Chats und in den Sozialen Medien – nur weil sie LSBTIQ* sind. Initiativen und Vereine, die sich für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt einsetzen, werden von Anfeindungen und Bedrohungen attackiert. Diese gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit darf keinen Platz mehr in unserer vielfältigen Gesellschaft haben.
Damit Hasskriminalität an LBSTIQ* erkannt wird, muss diese Gruppe auch in den einschlägigen Gesetzen explizit genannt werden. Zudem brauchen wir mehr Hilfe- und Anlaufstellen, die den Betroffenen beistehen. Und dazu brauchen wir Bildung und Aufklärung über unterschiedliche Geschlechterrollen und Sexualitäten, damit ein menschenverachtendes Klima gar nicht erst entstehen kann.

Finanziert wird das Projekt Fragmentierte Öffentlichkeit durch das Grimme-Forschungskolleg an der Universität zu Köln, zum Teil unterstützt durch Mittel von 

  • der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln;
  • der Initiative Medienapokalypsen: Hoffnungen und Ängste zum medialen Wandel am Institut für Medienkultur & Theater;
  • dem Institut für Digital Humanities;
  • dem Zentrum für LehrerInnenbildung;
  • der Grimme-Akademie.

Ein weiterer Kooperationspartner ist WDR 3, WDR 3 ist Kulturpartner der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln.